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VOM WACHSEN UND WERDEN IN DER NATUR UND IN DER KINDHEIT

DIE HEILIGE GEOMETRIE UND DIE JAHRSIEBTE



Die Schöpfung ist wunderbar

Jeden Morgen, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Blätter des Baumes vor meinem Fenster berühren, bin ich gewiss: Auch heute darf sich etwas Neues offenbaren.

Alles Lebendige gibt jeden Tag Zeugnis vom Wachsen und Werden in dieser Welt. Im Frühjahr sind es die aufstrebenden Keime, die von unsichtbaren göttlichen Kräften erzählen, die Anordnung ihrer Blätter, die hohen geistigen Gesetz­mäßig­keiten folgen und das Erwachen der Knospen, die lautlos mit dem sich vermehrenden Licht in Beziehung sind. Im Sommer erfreuen wir uns der unzähligen Farben und Formen von Blumen, deren Muster doch alle einem Schöpfungsplan folgen, der Heiligen Geometrie. Auch der Herbst erzählt in seinem in Gold getauchten Abschiednehmen von Zyklen, die uns mit der Ewigkeit verbinden, und die dann - wenn es im Winter dunkel wird – uns Menschen an das eine, wahre Licht erinnern.


Göttliches Schöpferwerk im Wachsen und Werden der Kinder

Wenn dieses Wachsen und Werden in der Natur so voller Anmut sich dem Göttlichen hingebend vollzieht, warum nur sehen wir nicht analog dieses göttliche Schöpferwerk im Wachsen und Werden unserer Kinder? Warum fällt es so schwer, der Sinnhaftigkeit natürlich aufeinanderfolgender Entwicklungsschritte zu vertrauen? Würden wir einer Blume, einem Baum sagen wollen, wann welches Blatt wie gebildet werden muss?

In der Ausbildung zur „bewussten Mutterschaft“, die ich seit zwei Jahren online zu den Jahrsiebten anbiete, erlebe ich immer wieder, wie eine unsichtbare Wand voller Gedanken und gut gemeinter Ratschläge die Beziehung zwischen Mutter und Kind verunsichert.

Im Laufe der Ausbildung bröckelt dann diese Wand und Mamas trauen sich erstmals, den Bedürfnissen ihres Kindes zu lauschen. So sehr hat offensichtlich unser Verstand die vielen schlauen Worte unzähliger Ratgeber verinnerlicht, dass das Leuchten der Kinderaugen nicht mehr ausreicht, uns sein glückliches Ankommen aus der geistigen Welt zu spiegeln. Der natürliche Instinkt einer Mutter, das Wachsen ihres Kindes zu nähren und seine Offenbarungen in sinnvollen Tätigkeiten und Rhythmen zu umhüllen, weicht Informationen über Informationen, die Mütter glauben machen, ihre Kinder zu Kreativität, emotionaler Kompetenz und Sozialfähigkeit erziehen und inzwischen auch sexuell bilden zu müssen.

Die Kinder erliegen diesem sie umgebenden psychologischen Willen mit entsprechenden Verirrungen und Verwirrungen in ihrer Seele. Es ist eine Tatsache, dass es noch nie so viele Kinder in jungen Jahren in psychologischer Behandlung gab. Therapie als Allheilmittel für „auffällige Kinder“? Doch „schwierige Kinder gibt es nicht“, sagt Henning Köhler. Das Kind soll selbstreflektierend Impulskontrolle, Frustrationsregulation und komplexe Konfliktlösungsstrategien lernen. Sind wir denn noch bei Sinnen? Für so modern und wissenschaftlich aufgeklärt wir uns auch halten, es gibt eben doch Unumstößliches auf dieser Welt.


Sieh den Baum, der mit seinen Ästen und Blättern dem Licht entgegenwächst! Niemand hat Zweifel, dass aus dem kleinen zarten Stamm und dem filigranen Blattwerk einmal ein stabiler, dem Wind und Wetter trotzender Baum wird. Er könnte uns erinnern, dass Tag und Nacht, Himmel und Erde, Sommer und Winter eine ihn einhüllende Ordnung vorgeben, die als Ursprung alles Lebendigen sein Wachsen und Erkraften nährt.


Der Mensch als Wunderwerk Gottes

Doch auch wir Menschen sind ein Wunderwerk Gottes. Ex deo nascimur, wie die Rosenkreuzer es sagten. Aus Gott sind wir geboren. Aus den heiligen Gesetzen natürlichen Wachstums, die sich auch in unserer Beziehung zu den planetaren Kräften spiegeln. Vielleicht erinnern wir uns an unser kindlich reines Gefühl, als man uns lehrte: „In sieben Tagen hat Gott die Welt erschaffen.“ Ehrfurcht hat mich damals durchströmt in diesem großen Bild einer göttlichen Schöpfung, die ich in jedem Wochentag heute noch wiedererkenne. Der Montag in seiner nährenden Qualität als Tor in die Woche, der Dienstag mit seiner Marskraft als Initialfunke, die Arbeit neu zu beginnen usw. Sieben Qualitäten, die im Genesismuster eindeutig das Wachstum aus dem Einen hervorbringen. Sieben Chakren, die diese Qualitäten empfangen.


Alles ist durch das eine Bewusstsein geworden, der erste Kreis in der Blume des Lebens, die neben den Gesetzmäßigkeiten des Lichtes alle Verhältnisse des ewigen Schöpfungsplanes erklärt und deshalb die Trigonometrie und alle Platonischen Körper hervorbringt. Die Blume des Lebens als Vervielfältigung von Bewusstsein generiert den Goldenen Schnitt, der Wachstum im Sinne von Entsprechung erst ermöglicht. Wie im Kleinen so im Großen. Mikrokosmos = Makrokosmos. Die Natur ist göttlich, und wir Menschen sind ein Wunderwerk. In seiner Proportionsstudie vom Menschen nähert sich Leonardo da Vinci diesem Wunder und spart selbst die Quadratur des Kreises nicht aus.


Ja, auch unser Körper vergeheimnist eine unendliche Anzahl von Wachstumsverhältnissen im Goldenen Schnitt. Und seinen archetypischen Plan stellt eigentlich niemand in Frage. Zwei Augen, eine Nase und einen Mund zu haben, scheint das Selbstverständlichste der Welt. Doch wenn unser Körper und sein Wachstum universellen Mustern folgt, warum nicht auch unsere Seele?


Dreigliedrigkeit und Blume des Lebens

Schon die funktionelle Dreigliederung unseres Körpers in Kopf, Rumpf und Gliedmaßen lässt erahnen, dass unsere Seelenfähigkeiten von Denken, Fühlen und Wollen damit einhergehen und sich offensichtlich auf dem Urgrund einer größeren Dreiheit abbilden.

Vater, Mutter, Kind. Geburt, Leben, Sterben. Ich, Du, Wir. Jeder dieser Dreiklänge spiegelt die Begegnung von Zwei, durch die sich ein Drittes offenbart und unser Bewusstsein erweitert.

Die Entwicklung unserer Seele zwischen Wollen und Denken zeigt nichts anderes. Pars pro toto. In der Mitte ermöglicht unser Fühlen die Öffnung des Herzens, die unseren Wesenskern wieder mit unserer kosmischen Heimat verbindet.


Es ist unsere Verantwortung als erwachsene Menschen, wie wir auf das Kind schauen und welche Umgebung wir ihm ermöglichen. Die Kinder sind vor allem das Echo dieser Bemühungen oder eben Verwahrlosungen. Als Boten aus der Einheit des Universums können sie uns helfen, den Weg aus einem wissenschaftlich verblendeten Blick zurück zu den Urprinzipien der Schöpfung zu finden. In dieser monistischen Wirklichkeitserfahrung sind auch die Jahrsiebte als Spiegel des Genesismusters kein „waldorftypisches Konzept“ mehr, das es zu hinterfragen gilt. Ihre Allgegenwärtigkeit betont unsere menschliche Universalität, bevor wir vor lauter Individualität uns selbst zerstören.


 

Sabine Mänken ist Begleiterin für anthroposophische Biographiearbeit, freie Autorin und Vortragende. Sie leitet die Ausbildung zur bewussten Mutterschaft, deren Herzstück die Vermittlung der Jahrsiebte ist.



Der Beitrag wurde veröffentlicht in erWACHSEN&WERDEN 12/23



Foto: Annie Spratt/Unsplash

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